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FMEA-HANDBUCH: JETZT WIRD ALLES BESSER?

Lesedauer: 4 Minute 02.09.2019 Aktuelles & Trends

Mit Erscheinen der 1. Ausgabe des FMEA-Handbuchs Anfang Juni 2019 geht ein außergewöhnlich langer und mit vielen Diskussionen verbundener Abstimmungsprozess zu Ende.

Damit gelten ab sofort die gleichen FMEA-Vorgaben für Systementwickler bzw. Erstausrüster für die Automobilindustrie und deren Lieferanten sowohl in Deutschland als auch in Nordamerika. Gefordert war die Harmonisierung schon lange, doch bringt sie nun auch tatsächlich die erhoffte Vereinfachung? Welche Auswirkung haben die Änderungen auf die tägliche Arbeit der FMEA-Moderatoren? Und welche Problempunkte bleiben bestehen? Winfried K. Dietz, Geschäftsführer der Dietz Consultants, blickt auf die Entstehung des neuen FMEA-Handbuchs und bewertet die Praxistauglichkeit der 7 Schritte.

EIN BLICK AUF DIE VORGESCHICHTE
Die Vorgeschichte der Methodenbeschreibung ist umfangreich und pointiert. Ganz zu Beginn war die Idee, abgestimmte Bewertungskataloge der FMEA zwischen AIAG und VDA abzustimmen. Schnell wurde daraus mehr, nämlich die Idee der gemeinsamen Methodenbeschreibung.

Der Weg wurde lang und beschwerlich. Ich erinnere hier an die vielen Verschiebungen der Veröffentlichung und die in die Tausende gehenden Kommentare und „Einsprüche“ auf den Entwurf (Gelbdruck). Wunderbar wird damit aufgezeigt, welche Bedeutung und letztendlich welche Energien in der FMEA liegen. Der Anspruch der FMEA ist allerdings auch gewaltig: Entwicklungsbegleitend Risiken identifizieren, bewerten und minimieren. Der Blick in die Zukunft war schon immer ein gewagtes Spiel.

Im Juni 2019 war es dann geschafft. Die Gremien der AIAG und VDA haben erstmalig eine gemeinsame Methodenbeschreibung der FMEA zur Veröffentlichung freigegeben. Es ist sicher nicht übertrieben, dieses Handbuch nun als den globalen Standard für FMEA im automobilen Umfeld zu nennen.

KURZÜBERSICHT ZUM 7-SCHRITTE-ZYKLUS
Die sieben Schritte sind eine runde Sache: der gesamte Zyklus der Risikoanalyse werden damit in drei Kategorien abgedeckt.

  • Systemanalyse
  • Fehleranalyse
  • Risikokommunikation
Umfang und Reihenfolge sind nun logisch und schlüssig:

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Die 7 Schritte der FMEA (Quelle: Dietz Consultants)


Chronologisch und logisch kann die FMEA damit geplant und realisiert werden. Den „Altanwendern“ der 5 Schritte nach VDA wird der 7-Schritte-Ansatz bekannt vorkommen. Der Kern der Analyse besteht weiterhin aus den bekannten 5 Schritten des vorherigen VDA-Ansatzes (von der Strukturanalyse bis zur Optimierung). Dazu gekommen sind die Schritte 1 „Planung und Vorbereitung“ und der letzte Schritt „Ergebnisdokumentation“. Für die bisherigen AIAG-Anwender der FMEA ändert sich dagegen eine ganze Menge. Der Fokus geht weg vom Formblatt hin zum Arbeiten in Strukturen und Verknüpfungen von Funktionen und Fehlfunktionen.

Bedeutsam ist auch, dass das Handbuch die FMEA für 3 Anwendungen jeweils mit den 7 Schritten darlegt:

  1. Design-FMEA
  2. Prozess-FMEA
  3. Monitoring und Systemreaktion – MSR (als Ergänzung im Handbuch dargestellt)

Insbesondere die MSR-Ergänzung ist hilfreich, da die oft diskutierten (und weit verbreiteten) Diagnosen mit den integrierten Systemreaktionen Stoff bieten für viele Diskussionen, in welcher Weise diese in der FMEA zu behandeln sind.

AUFGABENPRIORITÄT STATT RISIKOPRIORITÄTSZAHL
Und nicht zuletzt ist die Risiko-Prioritäts-Zahl (RPZ) weggefallen. Dazu war die Zeit mehr als reif. Einerseits verleitete diese entgegen allen Vorgaben doch dazu, „Grenzwerte“ zu bestimmen und anzustreben. Anderseits entstanden schlicht falsche Risikobewertungen, weil die diverse Kombinatorik der Auftretens- und Entdeckungswahrscheinlichkeit sowie der Bedeutung der Fehlerfolgen zwar die gleiche RPZ ergeben können, aber diese nun scheinbare gleiche Risikolage bei Weitem nicht die Gleiche ist.

Die Lösung ist einfach und überschaubar: Aufgabenprioritäten (AP). Diese ergeben sich aus der Kombinatorik der oben genannten Faktoren. Damit werden die Risikobewertungen auf drei Kategorien eingedampft:

  • Hoch
  • Mittel
  • Niedrig

Es ist viel Arbeit und Mühe in die Entwicklung der AP-Logik geflossen. Die Idee ist prima, nämlich die notwendigen Ressourcen für das Risikomanagement zu priorisieren. Wie wir alle wissen, kann jeder Euro nur einmal ausgegeben werden. Das gilt am Ende auch für das Risikomanagement. Die große Bewährung der AP-Systematik wird in den nächsten Jahren in deren breiten und globalen Anwendung erfolgen. Die Zeichen stehen erst einmal auf „Positiv“. Alle wünschen sich letztendlich, dass damit ein erfolgreicher Ansatz entstanden ist.

ANWENDUNGSBEISPIEL

AIAG-VDA-FMEA-AP-Rating-EN-2

(Quelle: AIAG & VDA FMEA-Handbuch, 1. Ausgabe 2019)


HILFE BEI DER DETAILARBEIT
Viele hilfreiche Details enthält das FMEA-Handbuch. Beispielhaft will ich hier nennen:

  • Klärungen zum Thema Funktionen und Anforderungen
  • Rollenklärungen und -Beschreibungen
  • Die Informationsverpflichtung des Managements bezüglich der Restrisiken
  • Die Interaktion der D- und der P-FMEA
  • Die Anwendung der beiden Blockdiagramme (P- und Boundary) im Kontext der FMEA

ERFOLGSFAKTOREN AUSSERHALB DER 7 SCHRITTE
Die Erfolgsfaktoren für leistungsfähige FMEA liegen allerdings jenseits der 7 Schritte und werden uns in den nächsten Jahren weiterhin stark beschäftigen. Beispielhaft nenne ich hier dazu:

  • Die Integration der FMEA in den Datenfluss angrenzender Tools des Produktentstehungsprozesses
  • Die Analyse komplizierter Systeme
  • Die Analyse von Softwareumfängen
  • Closed Loop-Ansätze im Kontext von „Big Data“ – also der Rückfluss von Sensordaten aus dem Feld und den Herstellprozessen in die „Lessons Learned“-Abläufe
  • Die selektive und auf der richtigen „Flughöhe“ operierende FMEA
  • Das Entwickeln von Datenmodellen für FMEA (von Katalogen bis hin zu „Baustein-Konzepten“)

Die Aufzählung oben ist keineswegs vollständig. Es bleibt also viel zu tun in den nächsten Jahren, um am Ende einen Zustand erreicht zu haben, der dazu führt, dass die Entwicklungsergebnisse sicher und gut sind und die Serienanläufe in der Produkten störungsfrei funktionieren.

ARBEITSHANDBUCH FÜR IHRE DESIGN- UND PROZESS-FMEA

Vorschaubild-262x370Dietz Consultants unterstützt die Arbeit der FMEA-Moderatoren mit Notebooks für die Design- sowie die Prozess-FMEA. Die 7 Schritte der FMEA nach VDA und AIAG sind hier mit ihren dazugehörigen Aufgaben übersichtlich dargestellt. Zu jedem Schritt geben Anwendungsbeispiele eine hilfreiche Orientierung bei der praktischen Umsetzung für das eigene Risikomanagement.

 

 

Winfried K. Dietz

Winfried Dietz absolvierte sein Studium für Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Thermodynamik. In den darauffolgenden Jahren baute er sein Wissen zu Qualitätsmanagement, Norm- und Branchenanforderungen, Prozessen sowie Risikomanagement kontinuierlich aus. Seine Erfahrungen aus den unterschiedlichen Positionen, unter anderem im Bereich Produktentwicklung und Qualitätsmanagement bei der BASF AG, bündelte er 1990 als Gründer und Gesellschafter bei „Dietz Consultants“. Seitdem unterstützen er und sein global agierendes Team als Berater, Moderator und Trainer Unternehmen bei der Weiterentwicklung ihres Qualitäts- und Risikomanagements.

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