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VDA-Band 8D-Methode: Inhalte, Auswirkungen, Kritikpunkte

Lesedauer: 7 Minute 28.01.2019 Aktuelles & Trends

Im Mai 2018 erschien der Gelbband zum Thema „8D Methode – Problemlösung in 8 Disziplinen“.

Auch wenn sich die grundsätzliche Vorgehensweise nicht geändert hat, gab es dennoch regen Diskussionsbedarf in der Automotivebranche. In Kürze soll nun der entsprechende Rotdruck erscheinen, der bestenfalls die entstandenen Fragen und Kritikpunkte aufgegriffen hat. Wir blicken mit Guido Solbach, Mitglied der Geschäftsleitung bei der VIA Consult GmbH & Co. KG und Marc Nossol, Consultant und Experte für QM-Methoden sowie Rene Strack, Produktmanager der CASQ-it Reklamationsmanagementsoftware auf den aktuellen Status, offene Fragen und die voraussichtlichen Auswirkungen auf die Automobilzulieferer.

Bewertung des überarbeiteten VDA-Bands „8D Methode“ aus Sicht des QM-Beraters und Prozessoptimierers

Zeigt die Veröffentlichung des VDA Bands zur 8D Methode im Mai 2018, dass dem Thema Problemlösungsmethoden in Zukunft mehr Bedeutung beigemessen wird?
Ja, das kann man vor diesem Hintergrund definitiv bestätigen. Zumal seit August 2018 auch ein entsprechender Leitfaden der US-amerikanischen AIAG mit dem Titel „CQI-20: Effective Problem Solving“ veröffentlicht wurde. Diese Entwicklung zeichnet sich aber auch schon seit längerer Zeit ab. Zum einen im Hinblick auf Normen und Standards, wo man das Thema beispielsweise bereits in den 2016 und 2017 veröffentlichten Bänden IATF 16949 und VDA 6.4 aufgenommen hat. Zum anderen zeigt sich auch in der Praxis immer häufiger, dass die oftmals vom Kunden vorgeschriebene Anwendung von Problemlösungsmethoden, wie zum Beispiel der 8D Methode, im Rahmen der Reklamationsbearbeitung im Zusammenspiel mit dem Lieferanten immer häufiger zu Reibungspunkten führt. Die Qualität der Durchführung der 8D Methode ist hier aus Kundensicht häufig nicht ausreichend.

Warum ist die Qualität der Problemlösung aus Ihrer Sicht nicht ausreichend? Fehlt es hier an Methodikwissen in den Unternehmen oder gibt es andere Gründe?
Die Qualität der Anwendung der 8D Methode hängt zum einen von den organisatorischen und kulturellen Rahmenbedingungen ab: Sowohl die Unternehmenskultur (das Management muss die notwendigen Kapazitäten bereitstellen; der Problemlösungsprozess muss Bestandteil des Managementsystems sein) als auch die Fehlerkultur (offener Umgang: Fehler dürfen gemacht werden) müssen von oberster Ebene vorgegeben und vorgelebt werden. Zum anderen hängt die Qualität auch maßgeblich von qualifizierten und geschulten Mitarbeitern ab. Wir stellen in diesem Kontext und vor dem Hintergrund der diversen Veröffentlichungen eine erhöhte Nachfrage nach Schulungen zu diesen Themen fest und bieten daher im Rahmen der VIA Akademie entsprechende Schulungen und Workshops an.

Welche größeren Änderungen im Problemlösungsprozess müssen Unternehmen in Zukunft verstärkt beachten? Entsteht durch die Novellierung verstärkt Schulungsbedarf?
Auch wenn Sinn und Ziele der einzelnen Disziplinen bei der Problemlösung anhand der 8D Methodik größtenteils gleichgeblieben sind, so ist der Detaillierungsgrad doch deutlich umfangreicher geworden. Das bedeutet, dass in allen Disziplinen zukünftig geeignete Methoden angewendet und Bewertungskriterien (unterteilt in Grund- und Excellenz-Anforderungen) sowie Chancen und Risiken berücksichtigt werden sollten. Sofern die Komplexität des Problems hoch genug eingeschätzt wird, empfiehlt der Gelbband nun zum Beispiel ganz konkret, die Ursachenanalyse anhand des Ishikawa-Diagramms mit anschließender 5-Why-Analyse durchzuführen, sowohl zur Ermittlung der technischen als auch der systemischen Grundursache. Dies wird zusätzlich jeweils aufgeteilt nach möglichen Ursachen für das Auftreten und die Nicht-Entdeckung des Problems. Der Umfang einer Ursachenanalyse wird also steigen und mit ihm der Qualifizierungsbedarf, da der Gelbband die „entsprechende Methodenkompetenz im Team“ voraussetzt.

Haben Sie konkrete Empfehlungen für Unternehmen, wie Sie mit den Neuerungen umgehen sollten?
Zunächst einmal gilt der Grundsatz: Keine Panik! Der Gelbband beschreibt keinen komplett neuen Problemlösungsprozess, sondern spezifiziert und konkretisiert die vorhandenen Themen. Die Veröffentlichung bietet aber eine gute Möglichkeit, diesen Zeitpunkt zu nutzen und den Problemlösungsprozess im eigenen Unternehmen neu zu organisieren beziehungsweise zu optimieren, vor allem im Hinblick auf eine abteilungs- und prozessübergreifende Bearbeitung im Team. Die Vorbereitung hierzu können auf Basis des Gelbbandes bereits getroffen werden, die endgültige Implementierung sollte jedoch erst nach Erscheinen des Rotbandes durchgeführt werden. Das gleiche gilt im Übrigen auch für die zu beauftragenden Schulungen.

Bewertung des überarbeiteten VDA-Bands „8D Methode“aus Sicht des Lösungsanbieters

Auch wenn die Änderungen des im Mai 2018 veröffentlichten Gelbbands überschaubar sind, sorgten sie dennoch für viele Rückfragen und Unsicherheit bei den Unternehmen. Wie lässt sich das erklären?
Man darf nicht vergessen, wie viele Unternehmen von den Änderungen betroffen sein werden. Das sind hauptsächlich natürlich die Unternehmen der Automobilzuliefererindustrie. Auf der anderen Seite übernehmen aber auch zunehmend mehr Unternehmen aus anderen Branchen die 8D Methode und etablieren sie als systematischen Problemlösungsprozess. Es war natürlich zu erwarten, dass ein erfolgreiches und seit Jahren bewährtes Verfahren wie die 8D Methode nicht in seinen Grundzügen geändert wird. Sinn und Ziele der 8 Disziplinen sind also gleich geblieben. Jeder dieser Schritte wird nun aber ausführlicher beschrieben, und oftmals sind es die vermeintlich kleinen Änderungen, die sich gravierend auf die dahinterliegenden Prozesse auswirken.

Lassen sich diese kleinen Änderungen mit großer Wirkung an einem Beispiel verdeutlichen?
Die Einführung neuer Begrifflichkeiten verdeutlicht das sicherlich sehr gut: Mit Erscheinen des Gelbbands wurde klar, dass zukünftig die Positionen im 8D-Team umbenannt werden, wodurch sich vermutlich auch die Zusammenstellung des Teams ändert. Der Sponsor übernimmt offenbar die Rolle des bisherigen Paten. Neu ist, dass der Sponsor eine Führungskraft der Organisation sein soll. Doch wer genau soll diese Position besetzen: Die Leitung der betroffenen Abteilung, die Leitung Qualitätsmanagement, die Standortleitung oder gar die Geschäftsführung? Je nachdem wer als Sponsor den 8D-Prozess unterstützen soll, ändern sich die aktiven 8D-Bearbeitungsprozesse hinsichtlich Verantwortlichkeiten und Kommunikationsaufwand erheblich.

Wie geht Böhme & Weihs als Softwareanbieter mit solchen Änderungen grundsätzlich, aber auch speziell mit den Änderungen in diesem Gelbband um?
Wir agieren da in zweierlei Hinsicht. Zum einen bewerten wir natürlich jeden relevanten Gelbband in Hinblick darauf, was sich im jeweiligen CAQ-Modul ändern muss, um unsere Kunden bestmöglich bei der Umsetzung zu unterstützen.

Auf der anderen Seite gehen wir aktiv mit unseren Kunden ins Gespräch und tauschen uns zum Gelbband aus. Gerade die Erfahrung unserer Kunden zur aktiven Anwendung von Normen, Richtlinien und Empfehlungen ist für uns als Softwareanbieter natürlich unverzichtbar. Bei der Veröffentlichung des Gelbbands zur 8D Methode war es letztendlich so, dass die Kunden auf uns zugekommen sind und uns nach unserer Interpretation fragten. Da zeigte sich an vielen Stellen Verwirrung.

Verwirrung, die sich wahrscheinlich jedoch erst mit Erscheinen des Rotdrucks erledigen wird?
Bestenfalls ja. Wir treten in diesen Momenten als Sprecher für unsere Kunden auf. Das heißt, wir haben nicht nur unsere Rückfragen und Kritikpunkte zum Gelbband gesammelt, sondern auch die unserer Kunden. Das alles haben wir im Rahmen der Feedbackphase bis Mitte August als konstruktive Kritik bei den vom VDA benannten Ansprechpartnern eingereicht.

Das heißt, auch eine Umsetzung der Neuerungen innerhalb der Software ist erst mit Erscheinen des Rotdrucks möglich?
Nein, das wäre für unsere Kunden aus der Automotivebranche zu spät. Denn klar ist, dass mit Erscheinen des Rotdrucks quasi die sofortige Anwendung der überarbeiteten 8D Methode verknüpft ist. Deshalb setzen wir Änderungen und Empfehlungen, die plausibel erscheinen, bereits jetzt schon um. Beispielsweise das neue 8D Formblatt oder die empfohlenen Methoden zur Ursachenanalyse, wie Ishikawa und 5Why.

Mit Erscheinen des Rotdrucks klären sich dann jedoch hoffentlich die Punkte, die sich auf die Funktionsweise der Software auswirken werden. Etwa auf die geforderte Versionierung der Änderungen, die im Gelbband nicht genauer geklärt ist. Erzeugt jeder Druck des 8D-Formblatts auch eine neue Versionsnummer des 8D-Reports oder nur der Report, der auch an den Kunden geschickt wird? Was ist mit den 8D-Ergebnissen, die digital, z.B. per QDX an OEM-Portale übermittelt werden? Wird bei Änderungen dann die gesamte Reklamation versioniert? Wir hoffen, dass diese und weitere offene Punkte vom VDA aufgegriffen werden. Andernfalls werden Lieferanten womöglich mehr Zeit und Energie dafür aufwenden, mit ihren Kunden über strittige Vorgehensweisen im Problemlösungsprozess zu diskutieren, als für den 8D Prozess an sich."

 

Guido Solbach

Feature-Bild_Blog_Trends_Porträts_SolbachGuido Solbach, geb. 1977, absolvierte sein Wirtschaftsingenieur-Studium an der Universität Siegen. Ab 2007 verstärkte er das Team der VIA Consult GmbH & Co. KG und unterstützt Unternehmen seitdem unter anderem beim Aufbau von Managementsystemen nach ISO 9001 und IATF 16949. Seit 2018 ist er Mitglied der Geschäftsleitung.
E-Mail: g.solbach@v-i-a.de

Marc Nassol

Feature-Bild_Blog_Trends_Porträts_NossolMarc Nossol, geb. 1983, absolvierte sein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Köln. Seit 2012 arbeitet er als Consultant für die VIA Consult GmbH & Co. KG. Sein Fokus liegt hierbei auf der Einführung von QM-Systemen, der Durchführung von Prozessaudits nach VDA 6.3, der Optimierung von Prozessen, Werkstrukturen sowie der Materialfluss- und Logistikplanung. An der VIA Akademie arbeitet er zudem als QM-Methodentrainer.
E-Mail: m.nossol@v-i-a.de

René Strack

Rene Strack, geb. 1973, ist staatlich geprüfter Techniker für Programmiertechnik und Qualitätsmanager nach ISO 9001. Nach seiner mehrjährigen Tätigkeit als Qualitätsmanager in der Großkundenbetreuung wechselte er 2014 als Produktmanager zur Böhme & Weihs Systemtechnik. Hier verantwortet er als Produktmanager für die Module CASQ-it RUF, TMS und QWM die Funktionserweiterung sowie kontinuierliche Integration von Norm- und Kundenanforderungen.
E-Mail: strack@boehme-weihs.de

 

 

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