„Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) ist ein Netzwerk physischer Objekte, die über eine integrierte Technologie verfügen, um zu kommunizieren und ihren internen Zustand oder die externe Umgebung zu erfassen, oder mit ihr zu interagieren.“
So lautet die Definition von Gartner* zum Internet der Dinge. Damit liefert das IoT die Grundlage für die Fabrik der Zukunft und Industrie 4.0.
In welchem Zustand ist meine Anlage? Die Antwort auf diese Frage konnte in analogen Zeiten nur eine turnusmäßige Überprüfung oder ein Alarm geben. In letzterem Falle war der Schaden aber meist schon entstanden und der Produktionsfluss gestört. Für das Unternehmen bedeutete das Kosten, Wartezeiten und vielfach auch Ärger mit Kunden, wenn diese für ihr Geschäft beispielsweise auf Teile des betroffenen Herstellers angewiesen waren. Die Planungssicherheit war damit genauso in Gefahr wie die Kundenzufriedenheit – und damit im Endeffekt auch die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.
Maschinen lernen „sprechen“
Die Digitalisierung hat jedoch Mittel und Wege hervorgebracht, mit denen Fehler frühzeitig erkannt werden können, noch bevor ein Schaden entsteht. Möglich wird das durch das Internet of Things. Damit können Maschinen mit Technologie ausgestattet werden, die es ihnen erlaubt, den eigenen Zustand zu erfassen und zu kommunizieren. Das erfolgt meist über entsprechende Sensorik, die zum Beispiel Temperaturdaten oder Vibrationsmuster erfasst und übermittelt. Die Maschinen haben also „gelernt“, auf die Frage „Wie geht es dir?“, Informationen zu liefern, die automatisiert ausgewertet und interpretiert werden können.
Diese automatisierte Datenauswertung ist das Kernelement der vorausschauenden Wartung (Predictive Maintenance). Durch die Analyse von historischen und aktuellen Daten lassen sich Anzeichen auf Fehler frühzeitig erkennen und entsprechende Schritte einleiten.
Automatisierte Fehlerbehebung dank KI
Zur Analyse der großen Datenmengen kommt meist Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz. In Zusammenhang mit IoT und Automatisierung fungiert sie als mehrstufiges Alarmsystem und entlastet so Mitarbeiter. Ein Beispiel: Steigt die Temperatur in einer Maschine, prüft das System, ob sich diese in einem bestimmten Zeitraum wieder normalisiert. Ist dem so, wird der Vorfall intern dokumentiert. Sinkt die Temperatur in dieser Zeit aber nicht, löst die KI die erste Stufe aus: Ein Mitarbeiter wird durch das IoT-System über den Vorfall benachrichtigt, ohne aktiv werden zu müssen.
Die KI überwacht weiterhin die Lage: Bleibt die Temperatur gleich hoch oder steigt sogar weiter an, folgt Stufe zwei: Die Kühlleistung wird automatisch erhöht, und das System prüft, ob die Temperatur dadurch wieder auf Normalzustand sinkt. Der Mitarbeiter erhält eine weitere Benachrichtigung. Besteht das Problem jedoch weiterhin, braucht es menschliche Intervention. Die KI alarmiert den Mitarbeiter und liefert gleich alle wichtigen Daten mit. Dieser muss jetzt aber nicht gleich mit Werkzeugkasten zur Maschine rennen. Im ersten Schritt erfolgt vielmehr die Diagnose aus der Ferne: Durch IoT und Fernzugriff kann der Mitarbeiter sich auf die Software der Maschine schalten und direkt an der Anlage nach der Fehlerursache forschen, Protokolle auslesen und Daten auswerten. Liegt die Fehlerquelle in der Software, ist er in vielen Fällen in der Lage, vom PC und unabhängig vom Standort aus, die entsprechenden Lösungsschritte durchzuführen oder Einstellungen zu ändern. Liegt der Fehler bei der Hardware, erhalten Mitarbeiter ebenfalls digitale Hilfe mittels Augmented Reality (AR). Und das geht so: Experte und Techniker verbinden sich entweder via Datenbrille oder Smartphone. Dabei sehen beide durch den Kamerafeed das gleiche Bild und haben neben der Sprachverbindung sogar die Möglichkeit, visuelle Marker zu platzieren. Etwa indem bestimmte Schalter farblich mit einem Pfeil oder Kringel hervorgehoben werden, die gedrückt werden müssen, um die Fehlerquelle erkennen zu können. So können Mitarbeiter vor Ort vom Experten durch die Schritte geführt und Missverständnisse vermieden werden. Ein Vorteil besteht nämlich darin, dass AR eine weitere Interaktionsebene einführt, die zum Beispiel das reine Videobild nicht mitbringt. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass beim Einsatz einer Datenbrille der Arbeitende beide Hände frei hat und so auch komplexe Reparaturen gut ausführen kann.
Visuelle Anleitung und Assistenz
Wie die Reparatur tatsächlich erfolgt ist, lässt sich außerdem für das Training künftiger Mitarbeiter aufzeichnen. Eine Möglichkeit, wie Techniker auch ohne Assistenz von externer Stelle Wartungsarbeiten durchführen können, sind detaillierte Schritt-für-Schritt-Anleitungen für Datenbrillen, die direkt durch den Maschinenbauer mitgeliefert werden.
Um die Compliance und Qualität zu sichern, ist es möglich, die einzelnen Handgriffe über die Kamera an der Datenbrille zu dokumentieren. Das stellt sowohl für den Mitarbeiter als auch das Unternehmen eine wichtige Absicherung dar. Die nächste Stufe der AR-basierten Wartung kann in einer Kombination aus Datenbrille und persönlichen KI-Assistenten bestehen. Durch deren Training erkennt sie bereits bei der Betrachtung der Anlage die Maschine und liefert die richtige Anleitung, ohne dass der Mitarbeiter erst mühsam suchen muss. Auch zeigt sie wichtige Sicherheitshinweise, die es bei der Bedienung und Wartung zu beachten gilt, die ein Mitarbeiter händisch bestätigen muss.
Kombiniert mit Echtzeitdaten durch das IoT-System der Maschine ist die KI auch in der Lage, die nächsten Schritte zur Reparatur oder Wartung erst dann anzuzeigen, wenn die Maschine bestätigt, dass sie vom Mitarbeiter ausgeschaltet wurde. Der Mitarbeiter als „connected Worker“ kann in diesem Sinne direkt von den Echtzeitdaten der Maschinen profitieren und produziert gleichermaßen Daten, die dann wiederum nutzbar sind – zum Beispiel welche Teile ausgetauscht wurden und auch nachbestellt werden müssen. Zusätzlich werden damit Risiken minimiert, die etwa durch das vergessene Aktivieren eines Sicherheitsschalters entstehen können.
Auch bei der Reparatur selbst ist die KI nützlich. Sie assistiert zum Beispiel dem Mitarbeiter durch das Anzeigen des richtigen Werkzeugs. Ist dieses selbst „smart“, kann das System außerdem überprüfen und protokollieren, dass etwa eine Schraube nicht nur mit dem richtigen Werkzeug, sondern auch mit der nötigen Anzahl der Umdrehungen bei entsprechendem Druck angezogen wurde. Dadurch lässt sich das Qualitätsmanagement weiter verbessern.
Fazit: Wenn Maschinen und Anlagen immer intelligenter und vernetzter werden, müssen Unternehmen darauf achten, dass die technischen Möglichkeiten zur raschen Reparatur und Wartung mit dieser Entwicklung Schritt halten. Denn die modernste Produktion bringt nichts, wenn sie wegen eines Fehlers für längere Zeit stillsteht, weil Diagnose und Reparatur zu lange dauern. Die Digitalisierung bietet hier mit KI, AR und IoT die Werkzeuge, um dies zu vermeiden. Gleichzeitig dient sie so der Fernwartung in einem zunehmend globalisierten Netzwerk. Jetzt liegt es an den Unternehmen, diese Chancen zu nutzen.
*Gartner Inc., Research and Advisory Company
Aditya Adavi
Aditya Adavi ist Director Product Management IoT bei der TeamViewer AG.